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Wer ist schuld?

Die Hinrichtung Jesu durch den damaligen römischen Prokurator gilt als gesichertes Faktum, da auch nichtchristliche Historiker sie erwähnen. Daher ist die Formulierung des Tacitus: "hingerichtet DURCH Pilatus" genauer als die im Glaubensbekenntnis aller christlicher Konfessionen "gekreuzigt UNTER Pilatus". Umstritten sind die Gründe, die zur Verurteilung führten. Nach Markus, dem die übrigen Evangelisten darin folgten, war Pilatus nicht von Jesu Schuld überzeugt und bot dessen Anklägern seine Freilassung anstelle des anderen, bereits verurteilten Zeloten Barabbas an. Doch eine Volksmenge habe ihn zur Hinrichtung Jesu gedrängt „Kreuzige ihn!“, so dass er ihnen nachgab.

Diese Darstellung gilt heute als unhistorisch. Die Frage: „Wen wollt ihr? Barabbas oder Jesus?“ ist durch historische Fakten nicht gedeckt. Es gibt keine Quelle, die auf eine derartige Tradition verweist. Aber – sie spiegelt den raschen Sinneswandel von Menschen wider, deren hemmungsloses Hoffen binnen weniger Tage zerstoben war. Gerade die Zustimmung, die Jesus nur Tage zuvor bei der Menge der Festpilger und für seine Kritik am Tempelkult fand, war der Grund seiner Festnahme und Auslieferung. Zudem war Pilatus nach zuverlässigen römischen Quellen ein skrupelloser Machtpolitiker. Er ignorierte jüdische Traditionen und innerjüdische Konflikte und ließ Juden häufig ohne Rechtsverfahren hinrichten. Daher ist es unwahrscheinlich, dass er Jesus gegen Kaiphas in Schutz nahm. So wird das Zusammenspiel zwischen Besatzern und jüdischen Kollaborateuren sichtbar.

Abschließend kann gesagt werden, dass Pilatus Jesus wegen eines politischen Vergehens zum Tode verurteilte, da Jesus seiner Frage, ob er König der Juden sei, nicht widersprochen hat; dies war zu jener Zeit eine Majestätsbeleidigung, auf die die Todesstrafe stand. Aus heutiger Sicht handelt es sich um einen Justizirrtum, aus der Sicht des Pilatus allerdings musste er tun, was der damaligen Rechtslage entsprach.